Der Hof zu Hausen, auch „Häuser Hof“ genannt, liegt abseits der Landstraßen im Osten der Eisenbacher Gemarkung am Hauser Bach, eingebettet in einem stillen Tal des „Goldenen Grundes“. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über seine mehr als 700jährige Geschichte vermitteln.
Der Hof zu Hausen und das Kloster Gnadenthal
(1275 bzw. 1281 bis 1648)
Das Zisterzienserinnen-Kloster Gnadenthal („Vallis gratiae“) im „Kirchspiel“ Dauborn, das um 1230 gegründet worden war und seit 1246 Besitzungen in Eisenbach hatte, kaufte im Jahre 1275 von der Familie von Velden den Zehnten in dem Eisenbacher Filialdorf Hausen für 24 Kölnische Mark, der zuvor dem Lehnsherrn und Ritter Hartrad von Merenberg gehörte (erste lateinische urkundliche Erwähnung des „Hofes“). Bereits ein Jahr später (1276) kam im Tausch ein kleines Gut hinzu, und 1281 schenkte Heinrich I. von Isenburg-Cleeberg (gest. 1287) dem Kloster zwei seiner reichen Hofstätten mit Zubehör, die zu „der Nonnen Hofstatt“ in Eisenbach („Ysenbach“) wurden. Der erste Laienbruder und Klostermeier (Verwalter) war „Bruder Helwig“, der im Jahre 1285 das Gelübde des Gehorsams ablegte. Durch Kauf, Schenkung oder gegen eine lebenslängliche jährliche Rente vergrößerte der Hof zu Hausen („Hoibe zu Husin“), der dem Gericht Dauborn unterstellt war, nun sehr bald seine Besitzungen. Laut zwei Urkunden aus den Jahren 1338 und 1347 verzichteten die angrenzenden Erbacher gegen zwölf Laib Brot und zwölf Käse auf ihre Ansprüche auf den Hof zu Hausen und gestatteten dem Klosterschäfer den Weidegang mit 50 Schafen. Als der Ritter Eisenreich von Eisenbach („Ysinrich von Ysinbach“) 1347 ohne männliche Nachkommen starb, kam sein gesamtes Erbe zu dem Kloster, auf dessen Gelände nun auch Wein angebaut wurde.
Das Zeitalter der Reformation (Protestanten contra Katholiken) und der Augsburger Religionsfriede von 1555 („cuius regio eius religio“, das heißt, die Religion des Landesherrn ist für die Untertanen bestimmend) blieben auch für die nassauischen Lande nicht ohne Folgen: Das gesamte Gebiet von Nassau war dem Beispiel seiner regierenden Grafen gefolgt und hatte sich dem Protestantismus unterworfen. Ebenso wurde auch der Hof zu Hausen im Jahre 1555 von seinem Landesherrn, dem Grafen zu Nassau-Diez, zu dessen eigenem Nutzen eingezogen und von einem besonderen „Hofmann“ oder „Hofrichter“ verwaltet. Nur wenige Nonnen des Hofes konnten bis zum Jahre 1567 ihren katholischen Glauben behaupten, mussten aber dann ebenfalls zum Luthertum übertreten.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648), während dessen Verlauf sowohl das katholische Kurtrier als auch das evangelische Haus Nassau-Diez Ansprüche auf den „Häuser Hof“ geltend machten, brachte Verwüstung und Tod über das Kloster, wie der Verwalter der Gnadenthaler Güter, Velltten Zeyger, 1642 in einem Klagebrief an die Diezer Räte bekundete. 1623 starben zudem vier Nonnen an einer damals schrecklich wütenden Pest-Epidemie.
Nachdem das Kloster in ein adliges Fräuleinstift umgewandelt worden war, begann ein heftiger Streit um die Besitzrechte, der erst durch den Westfälischen Frieden vom 24. Oktober 1648 (geschlossen zu Münster/Westfalen und Osnabrück) entschieden wurde: Da er den Besitzstand von 1624 als sogenanntem „Normaljahr“ zugrunde legte, blieb das Kloster Gnadenthal mit all seinen Gütern – folglich auch der Hof zu Hausen – in protestantischen Händen beim Hause Nassau-Diez und musste fortan weltlichen Zwecken dienen.
Selbst vier Jahre nach Friedensschluss waren die Eisenbacher Straßen noch immer nicht frei von herumstreifenden Soldatentrupps und fremden Regimentern (vor allem schwedischen), die die Kriegskosten eintreiben sollten. Infolge des Dreißigjährigen Krieges und der Pest lebten 1648 in Eisenbach nur noch 16 Bürger.
Der Hof zu Hausen unter der Familie von Hohenfeld
(1648 bis 1822)
Nachdem der Hof zu Hausen 1648 von der Grafschaft Diez verpachtet worden war, erhielt der aus altem österreichischem Adel stammende Obrist Achatius Freiherr von Hohenfeld, Herr zu Aystersheimb und Allmegg, Kommandant und Statthalter der Grafschaft Diez, nach langem und zähem Bitten am 13. Dezember 1659 unter anderem den „Heiser Hof“ von seinem Herrn, dem Grafen Wilhelm Friedrich von Nassau-Diez (gest. 1664), als Mannslehen. Bald ging das Gut völlig in seinen vererbbaren Besitz (Allod) über, wodurch der eigensinnige Achatius von Hohenfeld zum ersten Herrn auf dem Hof zu Hausen wurde. Sofort ging er daran, die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges beseitigen zu lassen und seine Güter auszubauen. Im Jahre 1662 wurde der schlichte Bau des Herrenhauses fertiggestellt, ein Wohngebäude, das heute noch in langer Front den Hof nach der Straße zu abschließt; als einziger Schmuck wurde eine Figur des heiligen Nepomuk in eine muschelförmige Nische in die Ecke des Erdgeschosses eingelassen und das gezierte Wappen der Hohenfeldschen Familie im Schlussstein der großen Hofdurchfahrt eingemeißelt, wo es noch heute zu sehen ist. Achatius von Hohenfeld war es auch, der sich um die Schnapsbrennerei (später „Dauborner Schnaps“ genannt) bemühte, da sie ihm gute Erträge einbrachte.
Nachdem der alte Freiherr Achatius von Hohenfeld im Jahre 1672 starb, übernahm sein einziger Sohn Wilhelm Lotharius (geb. vor 1650, gest. 1710) nach längeren Streitigkeiten mit Diez seinen Neidern zum Trotz die Nachfolge als Herr auf dem Hof zu Hausen (1673). Der Kaiserliche Rat, Reichspfennigmeister und Kurfürstlich-Triersche Geheimrat Wilhelm Lotharius residierte als „Oberamtmann von Limburg, Villmar, Camberg und Werheim“ im Amtshof zu Bad Camberg, von wo aus er den „Häuser Hof“ verwaltete; er war es übrigens auch, der das Grundstück zu der 1682 in Bad Camberg errichteten Kreuzkapelle stiftete.
Von 1710 bis 1716 trat Johann Hugo Achatius, der älteste Sohn Wilhelm Lotharius‘, die Lehnsnachfolge an, daraufhin dessen Bruder Damian Ludwig (geb. 1681) von 1717 bis 1750, der als erster im Herrenhaus zu Hausen ständig wohnte und ebendort im Jahre 1750 starb.
In schneller Folge übernahmen seine Brüder, Philipp Wilhelm (gest. 1754), Franz Karl Friedrich (gest. 1757) und Wilhelm Ludwig von Hohenfeld (gest. 1763) die Herrschaft über den Hof zu Hausen, der schließlich 1763 Ferdinand Josef, dem ältesten Sohn Wilhelm Ludwigs, zufiel.
In den Jahren 1771/72 und 1775 war der Hof zu Hausen Gegenstand teilweise sehr blutiger Fehden um die Landeshoheit zwischen den Kontrahenten Nassau-Oranien und Kurtrier, denen auch einige Menschenleben zum Opfer fielen (so zum Beispiel der Hohenfeldsche Verwalter des Hofes, Philipp Kratz, der am 29. April 1771 im Hausener Wald tot aufgefunden worden war). Bei diesen Streitigkeiten, die beinahe zum Krieg geführt hätten, war Eisenbach übrigens auf der Seite des ihm gegenüber verhältnismäßig großzügigeren Hauses Kurtrier.
Nachdem die Fehde 1775 unentschieden beendet worden war, konnte Baron Ferdinand Josef von Hohenfeld im Herbst 1777 wieder im Hof zu Hausen einziehen. Seit 1781 ließ er die kleine, etwa 250 Meter talaufwärts vom Hof an der Kreuzung der Wege von Hasselbach, Erbach, Eisenbach und Haintchen („Haintgen“) gelegene Kapelle als letzte Ruhestätte für sich und die Seinen erneuern und verschönern: Sie erhielt größere Fenster mit bemalten Scheiben, einen Plattenbelag auf dem Fußboden, eine prächtig geschnitzte Emporebühne, ein barockes Dach und einen neuen Altar mit dem Bild der „Seelen im Fegfeuer“, das der Kapelle, wie diesem Flurabschnitt, bis zum heutigen Tag ihren Namen gab („Fegfeuer“).
Nach dem Tod des Barons Ferdinand Josef von Hohenfeld im Jahre 1801 wurde sein jüngerer Bruder, der Geistliche Christoph Philipp (gest. 1822), der letzte Lehnsherr des „Häuser Hofes“, der nunmehr etwa 900 Morgen Wald, 150 Morgen Acker und 50 Morgen Wiesen umfasste.
Der Hof zu Hausen unter Generalmajor August Freiherr von Kruse
(1822 bis 1848)
Am 28. Dezember 1815 belehnte Herzog Friedrich von Nassau einen Anverwandten, den Generalmajor August Freiherr von Kruse (geb. am 5. November 1779 in Wiesbaden), mit dem 58 Hektar umfassenden Hof zu Hausen als Dank für seine treuen Dienste. Kruse, damals in Nassau als Reorganisator der nassauischen Armee bekannt, hatte nämlich Teile der nassauischen Truppen 1808 bis 1813 auf der Seite Napoleons I. Bonaparte (1769 bis 1821) gegen die Spanier und am 18. Juni 1815 gegen Napoleon in der Entscheidungsschlacht bei Belle Alliance (Waterloo) in Belgien geführt, die er schließlich mit Wellington, Blücher und Gneisenau gewann. Am 18. Juni 1817, dem zweiten Erinnerungstag an die Schlacht von Waterloo, wurde das als Lehen versprochene Gut – nebst einer jährlichen Rente von 2.000 Gulden – dem Freiherrn von Kruse für die Zeit nach dem Tod des letzten Freiherrn von Hohenfeld, Christoph Philipp, als freies Eigentum in Aussicht gestellt. Sofort nach dessen Tod nahm Kruse am 3. Mai 1822 den Hof zu Hausen in seinen Besitz, quittierte im Frühjahr 1837 endgültig den aktiven Dienst in der nassauischen Armee und widmete sich ganz der Landwirtschaft und dem Ausbau des Hofes. Seine Bemühungen blieben nicht ohne Erfolge, wie Zeitgenossen und seine eigenen Aufzeichnungen bestätigten.
Kruse entstammte aus altem Mecklenburger Adel und war als überaus gestrenger und rücksichtsloser Herr voller Härte und Geiz bei der Eisenbacher Bevölkerung recht unbeliebt. Der Generalmajor starb am 31. Januar 1848 im Alter von 68 Jahren. Er wurde am 3. Februar 1848 in der von den Freiherren von Hohenfeld errichteten Waldkapelle („Fegfeuer“), 250 Meter östlich des Hofes gelegen, vorläufig beigesetzt, bis eine Familiengruft gebaut sein würde. Einige Tage später wurde die Tür aufgebrochen, der Sarg ins Gebüsch geschleppt und geöffnet. Die Diebe, die die herausgezerrte Leiche ihrer vielen vermeintlichen kostbaren Orden beraubten, hatten allerdings nur wertlose Imitationen erbeutet.
Die alte Kapelle wurde später abgetragen und auf dem Eisenbacher Friedhof in ihrer ursprünglichen Form wiederaufgebaut, wo sie lange Zeit zu sehen war. An der Stelle des „Fegfeuers“ aber wurde eine neue, stattliche Kapelle errichtet. Dort ruhen unter alten Kastanienbäumen bis zum heutigen Tag die sterblichen Überreste des Freiherrn von Kruse und seiner Gemahlin, der Weilburger Freifrau Henriette von Kruse, geborene von Dungern (gest. 1873), bestattet in zwei schlichten Holzsärgen, jedoch ohne jeden äußeren Hinweis wie Wappen, Initialen oder ähnliches.
Der Hof zu Hausen 1848 bis 2019
Der Hof zu Hausen fiel – laut Testament des Generalmajors von Kruse – nach dessen Tod am 31. Januar 1848 dem von ihm gegründeten „Landwirtschaftlichen Verein für das Herzogthum Nassau“ zu, da der Freiherr ohne Erben verstarb. Die Verpachtung des Anwesens, das Errichten gar einer Fremdenpension und die folgenden Kriege wirtschafteten den Hof herunter, so dass der „Landwirtschaftliche Verein“ froh war, ihn im Jahre 1918 für eine damals gewaltige Summe an den Industriellen Alfred Tewes („ATE“) aus Frankfurt am Main verkaufen zu können.
1921 erwarben die Brüder Fix, Bauunternehmer aus Duisburg, den Hof zu Hausen und versuchten, ihn wiederherzurichten. Nachdem diese kläglichen Bemühungen 1931 mit einer Zwangsversteigerung endeten, ersteigerte der Apotheker Johann Adam Herbert aus Wiesbaden den Hof, den er schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1945 seiner Tochter Martha Hilde schenkte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg expandierten die Besitzungen des Hofes zu Hausen, bis er insgesamt 420 Hektar Land (einschließlich Wald) umfasste. Die Landwirtschaft des Hofes wurde von Pächtern verrichtet; den Wald bewirtschafteten die Besitzerin des Hofes, Frau Martha Hilde Neumann, und ihre Nachkommen bis zum Jahr 1999.
Im Jahr 2000 erwarb das Haus Plettenberg, ein altes westfälisches Adelsgeschlecht, den Hof zu Hausen. Die neue Eigentümerin, Pia Gräfin von Plettenberg, ließ das Hofgut in den Jahren 2000 und 2001 von Grund auf stilecht renovieren und überschrieb es im Jahr 2003 ihrem Sohn Friedrich August Graf von Plettenberg.
Der Hof zu Hausen und die kleine Memorialkapelle am Waldrand mit den Gräbern von August Freiherr von Kruse (†1848) und seiner Gemahlin Freifrau Henriette (†1873) stehen unter Denkmalschutz. Das Hofgut verfügt heute über sechs Wohnungen, eine Pferdepension und eine Reitschule.