Der Angriff – aus Sicht der Zeitzeugen

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Drei Zeitzeugen berichten aus ihrer jeweiligen Perspektive von diesem für unsere Gemeinde dramatischen Tag, der in Eisenbach fünf zivile Todesopfer forderte.

Willi Köhler, der spätere Bürgermeister von Eisenbach:

„Amerikanische Infanterie kommt über die Höhe Wäldchen-Steinbruch von Niederselters her. Ein versprengter Maschinengewehrzug der Waffen-SS hat sich auf dem Weinberg eingegraben und nimmt die herankommenden Amerikaner unter Feuer.

Die amerikanischen Soldaten ziehen sich zurückund gegen 11 Uhr belegen sie mit schweren Panzerwaffen und Granatwerfern das Dorf.
Die SS-Leute verlassen ihre Stellungen durch den Hauserwald in Richtung Hasselbach. Die Amerikaner feuern weiter. Im Dorf werden fünf Zivilisten (Wilhelm Becker, Moritz Meurer, Hermann Weith, Benno Falkenbach und Agathe Schmidt) von den Granaten tödlich getroffen. 148 Häuser bzw. Gebäude werden beschädigt, u. a. das Schwesternhaus (Kindergarten), das durch einen Volltreffer fast total zerstört wird. Gegen 15 Uhr hört der Beschuss auf.“

Pfarrer Born aus Niederselters schildert die Ereignisse wie folgt:

„Die letzten deutschen Soldaten verließen unser Dorf am Montag, am 26. März 1945, als es hieß, Limburg sei bereits von den Amerikanern besetzt. Noch strömten einzelne Flüchtlingsgruppen durchs Dorf, die vom Westen nach Osten zogen auf der Hessenstraße. Doch ohne dass wir etwas davon merkten, hatten sich rings auf den Höhen und in den Wäldern einzelne Posten von SS-Truppen (es handelte sich um die sechste SS-Gebirgsjäger-Division, die aus den Kämpfen um Finnland zurückgekehrt war, festgesetzt, und am Dienstag merkten wir, dass diese Widerstand leisteten. An der Autobahn begann starkes Schießen mit Panzerfaust und Maschinengewehren. Vom Dienstagmittag an hörten wir amerikanische Panzer auf der Autobahn nach Frankfurt rollen. In der Nacht war es einigermaßen ruhig. Aber schon um 4:00 Uhr am Mittwoch begann das Schießen und das Rollen der Panzer von neuem. Zum Glück saßen keine Schützen im Dorf, sondern immer noch an der Autobahn, im Niederwald und im Winterholz. Deutsche Geschütze standen bei Eisenbach und schossen über unser Dorf weg nach der Autobahn. Am Mittwochnachmittag wurde Oberbrechen besetzt, und wir wünschten, dass es bei uns auch schon geschehen wäre.

Der Gründonnerstag, der 29. März, brachte für uns die Entscheidung.
Wieder setzte um 4:00 Uhr Artillerieschießen ein. Sofort war das Dorf in Bewegung, alles flüchtete in die Keller, viele hatten die ganze Nacht im Keller zugebracht. Es dauerte aber nicht sehr lange, und wir hielten um 7:30 Uhr unseren Gottesdienst ziemlich ungestört. Um 8:00 Uhr ging es wieder los auf beiden Höhen neben dem Dorf: Gewehrschießen, Maschinengewehre, Panzerfaust. Um 9:00 Uhr kamen die ersten amerikanischen Panzer langsam von der Autobahn den Dauborner Weg herunter in unser Dorf. Sofort wurde an allen Häusern eine weiße Fahne aufgesteckt. Als die ersten mitten im Dorf waren, schossen die deutschen Geschütze von Eisenbach in unser Dorf hinein, und nun begannen die amerikanischen Panzer das Feuer zu erwidern. Doch schossen diese nur von außerhalb des Dorfes vom Dauborner Weg und an der Limburger Straße. Ungefähr zehn deutsche Granaten, zum Glück kleineren Kalibers, gingen ins Dorf. Eine explodierte auf dem Platz vor der alten Schule, wo gerade eine Gruppe von Menschen stand. Zwei Jünglinge waren sofort tot, vier andere Person schwer verletzt, von denen eine abends starb. Von Mittag ab war die stärkste Abwehr im Winterholz. Von dort wurde auf die Panzer geschossen, die am Dauborner Weg standen. Von beiden Seiten wurde das Dorf doch möglichst geschont. Am schlimmsten war das Feuer nachmittags von 5:00 Uhr ab, als einige amerikanische Panzer übers Feld gegen das Winterholz vorrücken und auch eine Infanteriekolonne von der Autobahn heranstürmte und ein rasendes Maschinengewehrfeuer eröffnete. Gegen Abend ergab sich die nur kleine deutsche Gruppe im Winterholz. Sechs Mann wurden gefangen, die anderen waren tot oder geflohen.Um 8:00 Uhr abends feuerten die Panzergeschütze nochmals eine halbe Stunde lang nach Eisenbach zu, dann wurde es endlich ruhig. Die meisten Leute blieben die Nacht wieder in den Keller wir dachten: wie wird es morgen am Karfreitag werden?

Den Gottesdienst hatten wir abgesagt wegen der Kämpfe. Die Nacht blieb ruhig, und auch am Karfreitag Morgen war alles Still. Die amerikanischen Panzer rückten die Hessenstraße hinauf ab Haintchen. Gott sei Dank, die deutschen SS-Truppen hatten den zwecklosen Kampf aufgegeben und sich über den Häuser Hof nach Rod a. d. Weil zurückgezogen. Die Front war an uns vorbei. Unser Dorf stand noch. Nur einige Häuser waren etwas beschädigt, Telegrafenmasten zerschlagen und etliche Fensterscheiben zertrümmert. Die Toten des Kampfes sind: der zwölfjährige Heinz Giebels, aus Krefeld evakuiert, der 15-jährige Otto Altenheimer und der Ehemann August Knies. Sie wurden schon am Karfreitag auf Befehl der amerikanischen Militärbehörde still beerdigt. Einen toten deutschen Soldaten fand man acht Tage später noch im Niederwald. Er konnte nicht identifiziert werden und wurde auch auf unserem Friedhof beerdigt. Fünf gefallene deutsche Soldaten aus dem Winterholz wurden in Oberselters beerdigt. Die Amerikaner verloren angeblich an der Autobahn zehn Mann.“

Veteranen der 87. Infanteriedivision berichteten die Ereignisse so:

„Das 345. Infanterieregiment führte seinen Vorstoß gegen starkes Artilleriefeuer, Handfeuerwaffen und Feuer aus automatischen Waffen fort und überquerte die Autobahn im Bereich von Niederselters. Das 345. Infanterieregiment säuberte die Wälder südlich und österlich von Niederselters, wo sich immer noch eine fanatische Gruppe von SS-Truppen befanden, die umgangen wurden.

Das Bataillon der 87. Infanteriedivision des 345. Infanterieregiments der 3. US Armee VIII. Korps überschritt die A3 und besetzt Niederselters.

Das erste Bataillon passierte zwischenzeitlich das zweite Bataillon und stieß vor in Richtung „High Ground“, nordöstlich von Eisenbach. Sie nahmen es ohne Widerstand ein und richteten in dem Dorf ihren Kommandoposten ein. Major Henry richtete sich auch in Eisenbach ein.

Am Morgen des 30. März brach Col.l Sugg für eine mehr als verdiente 5-tägige Pause nach England auf. Er übergab Leutnant Col. Olsen das Kommando. Um 7 Uhr 30 verließen sie Eisenbach um zum nächsten Ort zu gelangen, welches Haintchen war.

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