Von Christian Heinz

Die Straßen und Wege, die wir täglich nutzen, um von einem Ort zum anderen zu gelangen, blicken auf eine lange Geschichte zurück. Ein Blick auf die umliegenden Dörfer – wie Oberselters, Niederselters, Oberbrechen und Niederbrechen – zeigt, dass diese teilweise bis ins Jahr 772 zurückreichen. Die Straßenführung, die diese Dörfer miteinander verbindet, ist ebenso alt und von historischer Bedeutung. Die heutigen Straßen wie die B8 oder die Hessenstraße führen ihre Ursprünge auf diese alten Verkehrswege zurück.

Ein Zitat aus dem Niederselters Heimatbuch veranschaulicht die historische Bedeutung der Hessenstraße:

„Als Fernverkehrsstraße vom Mittelrheingebiet nach Niederhessen verlor die Hessenstraße auf der Teilstrecke von Hahnstätten bis Gießen im 17./18. Jahrhundert allmählich an Bedeutung. Eine gewisse Rolle spielte sie allerdings weiterhin im Transport von Selterswasser in östliche Richtung. Trotzdem meldete der Heringer Schultheiß Scheid im Jahr 1820 an den Amtmann in Limburg/Lahn, dass ‚sich das Fuhrwerk auf der hessischen Straße so verringert habe, dass im vergangenen Jahr fast nichts mehr von fremdem Fuhrwerk zu sehen war‘. Dennoch wurde die Straße im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Heerstraße für Truppen genutzt, die zum Rhein marschierten.“

Im Jahr 1876 erfolgte der Ausbau der Hessenstraße zur Chaussee:

„Die 1876 in der Gemarkung Haintchen durchgeführte Planierung der nur 3 bis 4 Meter breiten Hessenstraße kostete der Gemeinde 5000 bis 6000 Taler, was jedoch wenig Wirkung zeigte. Der durch Eisenbach führende Streckenabschnitt war in so schlechtem Zustand, dass es lebensgefährlich war, ihn zu befahren. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Hessenstraße als Landesstraße 3449 zwischen Niederselters und Haintchen um 1960 asphaltiert.“

Mit der wachsenden Zahl zugelassener Fahrzeuge und steigendem Verkehrsaufkommen erlangte die Hessenstraße wieder zunehmende Bedeutung.

Bau der R8 / B8

Mitten auf der R8 (B8) zwischen Oberselters und Abzweigung nach Eisenbach in den 1930er Jahren

Die Landstraße von Frankfurt nach Limburg an der Lahn wurde zwischen 1768 und 1780 zur Chaussee ausgebaut. Wann jedoch die R8 als moderne Straße entstand, ist nicht genau bekannt.

Die gleiche Stelle heute

Das Niederselters Heimatbuch berichtet: „Zwischen 1928 und 1931 wurde im Zuge der damaligen Reichsstraße 8 die Umgehungsstraße zwischen Nieder- und Oberselters östlich der Ems gebaut. Damit wurde die kurtrierische Chaussee, die seit 1780 westlich des Emsbachs verlief, zur Ortsverbindungsstraße (heute K 513). Gleichzeitig wurde durch das Eisenbachtal eine neue Straße nach Eisenbach angelegt, wodurch die alten Wege zwischen Nieder- und Oberselters und Eisenbach zu bloßen Feldwegen degradiert wurden.“

Die Brücke, an der der Eisenbach in den Emsbach mündet, entstand 1930 und trägt bis heute die Jahreszahl als Inschrift. Erst in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren wurden eine Unterführung und ein Radweg gebaut. Vorher bewegte man sich entlang der Straße auf der „Aa“ (von „Aue“ abgeleitet) und musste die B8 zu Fuß oder mit dem Fahrrad überqueren – was bei steigendem Verkehrsaufkommen zunehmend gefährlich wurde.

Instandhaltungen und Ausbauarbeiten

Eine Gewölbebrücke über den Eisenbach in der Nähe des heutigen Autohauses Weichel stellte bereits vor 1900 eine Verbindung zwischen Eisenbach und Oberselters sicher. Durch die starke Beanspruchung wurde die Brücke jedoch sanierungsbedürftig. Als 1977 ein Teil des Gewölbes einstürzte, konnte zunächst nur eine Notreparatur durchgeführt werden. 1983/1984 wurde die Brücke schließlich für etwa 250.000 DM erneuert. Eine neue Brücke zur Unterführung der B8 entstand 1999.

Bau des Hauser Wegs

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren die Lebensbedingungen in der Region von finanziellen Engpässen und hoher Abhängigkeit vom Ackerbau geprägt. Der damalige Pfarrer Langenhof schrieb am 7. November 1894: „Die Gemeindebewohner müssen größtenteils als Tagelöhner und Handwerker auswärts ihr Brot verdienen oder vom Ackerbau sich kümmerlich ernähren. Für die Arbeiter und Landleute werden die Einnahmen immer geringer, die Steuern hingegen steigen jährlich. Zudem ist die Gemeinde gezwungen, zwei Wege zu bauen: einen nach Niederselters und einen nach Hof Hausen.“

Die Bachstraße, noch ohne verrohrten Bach. Erst später wurde dieser für immer unter die Erde bzw. unter die Straße verbannt. Siehe dazu Heimatbuch Eisenbach. Übrigens trägt der Bach keinen Eigennamen, sondern heißt schlicht „Der Bach“.
Bild 1 – 1928: Die K511 vom Ortsausgang Eisenbach zur Hessenstraße.
Bild 2 – 1930: Brücke B8 – Erbaut 1930, aber wie auf den Karten oben zu sehen ist, muss es an dieser Stelle schon vorher eine Brücke gegeben haben.
Bild 4 – ehemaliger Übergang | Das Ende des Übergangs gibt es übrigens auch heute noch. Allerdings fahren nur noch Traktoren von der B8 auf die Wiesen und keine Fußgänger nutzen diesen mehr.
Bild 5 – 1950 Hessenstraße. 1950 – Im Hintergrund Haintchen und im Vordergrund die Hessenstraße. Der Zustand damals und heute – kein Vergleich! Allerdings steht der Heiligenstock jetzt gegenüber.
Bild 10 – 1930 -1955. Das Regenrohr kommt aus der Erde und läuft uff de Gass. Heute undenkbar. Damals kannte man es nicht anders. Im Hintergrund die Kirche.
Bild 11 – Helenenstaße 1930 -1955: Ebenso verhält es sich bei der Helenenstraße, wie überall damals im Dorf.
Bild 12 -Bachstraße
Bild 15 – 1948: Hauptstraße / Kirchstraße 1948 – im Vergleich zu heute, damals nicht viel mehr als ein geteerter Feldweg.
Bild 16 – Kirchstraße: Damals normal- ein Giggel auf der Hauptstraße.
Bild 22 – Wer würde heute noch mit dem Kinderwagen auf der Haupstraße gehen bei dem Verkehr?
Bild 26 -Zum Vergleich heute
Bild 27 – 1930 -1950: Noch ohne Auto. Mit Pferdefuhrwerken auf der Straße, ein ganz normaler Zustand.
Bild 31 – Zwei Zapfsäulen gab es in Eisenbach auch!
Bild 34 – Die Unterführung der B8
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Gas- und Wasserversorgung sowie Elektrizität

Laut der Eisenbacher Heimatchronik wurden bis Ende 1983 etwa 6.315 Meter Gasleitungen verlegt und 191 Gasanschlüsse installiert.

Damals normal- ein Giggel auf der Hauptstraße.

Die erste Wasserleitung in Eisenbach wurde 1906 verlegt. Zuvor versorgten sich die Bürger an öffentlichen Brunnen, die teils auf Privatgrundstücken lagen.

Um das Jahr 1900 herum, vermutlich bis 1910, wurde Eisenbach elektrifiziert, was den Einsatz hölzerner Strommasten erforderlich machte. Die Großmutter des Autors erinnerte sich, dass ihre Mutter als Kind erlebte, wie der Strom nach Eisenbach kam.

Eine weniger bekannte Tatsache ist die Entstehung der großen Metall-Strommasten, die das Landschaftsbild der Region prägen. Laut der Erzählung des Großvaters des Autors wurden diese 1936 vom damaligen Reichsarbeitsdienst errichtet, als Teil eines Programms zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. In den folgenden Jahrzehnten wurde eine zweite Strommastreihe parallel errichtet, von der eine zwischen 1998 und 2010 abgebaut wurde. Strom war in Eisenbach jedoch bereits vor 1936 vorhanden.

Zeitachse der Infrastrukturgeschichte in Eisenbach

Zeitachse der Infrastrukturgeschichte in Eisenbach

1700

Hessenstraße verliert Bedeutung

1768

Chaussee-Bau Frankfurt-Limburg

1820

Transport von Selterswasser

1876

Ausbau zur Chaussee (Hessenstraße)

1890

Brücke Eisenbach-Oberselters (vor 1900)

1894

Beschreibung der Notlage (Hauser Weg)

1905

Elektrifizierung Eisenbach

1906

Wasserleitung in Eisenbach

1928

Umgehungsstraße R8 (Nieder-/Oberselters)

1930

Bau der Brücke über den Emsbach

1936

Aufbau der Metall-Strommasten

1960

Asphaltierung nach dem 2. Weltkrieg

1977

Einsturz der Brücke (Eisenbach)

1983

Brücke erneuert

1983

Gasnetz mit 6.315 m Leitung

1985

Unterführung & Radweg B8

1998

Zweireihiger Ausbau; 1 Reihe abgebaut

1999

Brücke für B8-Unterführung


Quellenangaben:

Eisenbacher Heimatbuch – Seite 60 und 61

Niederselterser Heimatbuch – Seite 473, 475, 476

Zeitungsartikel zwischen 1905 und 1917:

Wasser und Stromversorung:

Sonntag, den 22 Oktober 1905 – Baldiger Baubeginn einer Hochdruckwasserleitung Wiesengrund
https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/798860?query=L%C3%A4usbuche

Dienstag, der 27.12.1910 – Die Errichtung einer elektrischen Ueberlandzentrale, u. a. für den Ort Eisenbach soll bald beginnen.
https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/3649558?query=Eisenbach

Mit Bezug Prinzipalweg:

Dienstag, den 26.4.1910 – Bau des Prinzipalwegs Oberselters- Eisenbach – Münster
https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/3646950?query=Eisenbach

Samstag, den 5.7.1913 – Prinzipalweg genehmigt
https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/3660627?query=Eisenbach

Mit Bezug zur Hessenstraße:

Samstag, den 5. Oktober 1907 – hunderte Arbeiter auf der Hessenstraße regelmäßig zu Fuss unterwegs.

https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/820255?query=Hessenstra%C3%9Fe

Donnerstag, den 16 Juni 1910 – Zigeu…damals normaler Begriff, heute politisch nicht korrekt. Bezeichnen wir sie daher in Platt als Haare!

https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/850251?query=Hessenstra%C3%9Fe

Mittwoch, den 19 Februar 1913 – Es wird erwähnt, dass Goethe ca. 100 Jahre zuvor an der Läusbuche (angeblich) Rast gemacht hat.

https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/zoom/867104?query=Hessenstra%C3%9Fe

22.4.1917 – Ganz kurze Geschichte der Hessenstraße.

https://hlbrm.digitale-sammlungen.hebis.de/zeitungen-hlbrm/periodical/pageview/330316?query=Hessenstra%C3%9Fe

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