Strafkammer

Ein eigenartiger Betrugsfall wurde gestern vor der hiesigen Strafkammer verhandelt. Der Tüncher Peter Becker aus Eisenbach spielte in seinem Heimatdörfchen den „frommen Mann“ und brandmarkte seine Mitbürger seit vielen Jahren um mehrere Tausend Mark.

Becker arbeitete die Woche über in Mainz. Er kehrte am Samstag nach Hause zurück und spielte sich am Sonntag als „Vertrauensmann“ des Mainzer Hauptzunftklosters auf. Er hatte sich in seiner Wohnung ein richtiges Büro eingerichtet, in welchem er namentlich Frauen empfing, die ihn das Geld anvertrauten – zur Ablieferung an das Kloster.

Als vor einiger Zeit der Ortspfarrer starb und ein Ordensgeistlicher die Verwaltung übernahm, erhielt derselbe bald Kenntnis von der eigenartigen Tätigkeit des Becker.

Kurz danach kam der Ordensgeistliche dem Schwindel des Becker auf und übergab die Sache dem Strafrichter. Zur gestrigen Gerichtsverhandlung waren rund 50 Zeugen aus Eisenbach und Umgebung geladen, auch der Bruder Beckers aus dem Mainzer Klosterhaus erschien. Letzterer erklärte aus: „Dass Becker nicht fromm und nie innerhalb der Klostermauern erschienen sei.“ So in die Enge getrieben, gab Becker seine Stellung als „Betrüger“ offen preis und führte an, dass er das Geld durch „religiösen Schwindel“ habe einsammeln lassen.

Der ganze Unterbau war aber nirgends auffindbar.

Der Staatsanwalt beantragte für Beckerschen Betrügereien und verwandte eine Gesamtstrafzeit von sieben Jahren, ferner eine Geldbuße und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Das Gericht erkannte auf 6 Jahre Gefängnis, 300 Mark Geldstrafe und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren.

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