Der Lückerjohann oder: Wie die Ortsschelle stumm blieb

Geschichten über Eisenbacher Originale (Teil 2 - Der Lücker Johann)

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Dort, wo in alter Zeit eine Lücke im Zaun die freie Durchfahrt aus dem Dorf ins freie Feld ermöglichte, hat er gewohnt.

Der Lückerjohann, genannt die Lück.

Durch eine Armverletzung leicht behindert, blieb er dennoch nie müßig, denn er trat in Gemeindedienste. Pünktliche Botengänge waren sein Bestreben. Mit der Zeit wuchs aber sein Aufgabenbereich:

Er wurde Nachtwächter!

Der Lücker Johann (mit Mütze)

In der Nacht also wachte er über Eisenbach. Nicht mehr mit Eisenhelm und Hellebarde, wie wir die Mittelalterlichen Bilder kennen. Sein Wahrzeichen war das Horn und sein Lächeln auf den Lippen. Ab 10 Uhr abends drehte er seine Runden und achtete auf Brand oder auf Spitzbuben, die ja nie aussterben. Allerdings hatte er auch darauf zu achten, dass die Polizeistunde eingehalten wurde. Keine späten Zecher sollten die Nachtruhe stören, die müden Bürger um den verdienten Schlaf bringen.

Wahrscheinlich hat er nie jemanden angezeigt, der einmal über die Stränge schlug. Aber immer hat er sie ermahnt. Trotz aller Angst blieb er unbeirrt bei seinem Beruf. Ein Hund hätte ihm ja zugestanden, leider hatte er auch Angst vor Hunden. Auch vor den Kleinsten.

Einmal hat man ihn aber richtig wütend erlebt.

Das war, als seine Ortsschelle, die er zu den Bekanntmachungen der Gemeinde zu schwingen hatte, sabotiert wurde. Es saßen nämlich, wie immer um die gleiche Zeit, einige Rentner bei Schulmastersch dort bei Dawerner und Skat. Johann trat dann meist bei ihnen ein, um ein kleines Schwätzchen zu halten. Während Lück einmal kurz die Toilette aufsuchen musste, hat ihm der Hundler Schorsch schnell den Klöppel aus der Schelle entfernt und versteckt. „Lück, mach´s gut!“ riefen sie ihm nach, als er die Gaststätte verließ, um seinen Amtsgang fortzusetzen.

Doch so heftig er auch seine Schelle schwang, die blieb stumm! „Hast den Klöppel verloren!“ war sein erster Gedanke. So sehr er aber die Straße absuchte, der Klöppel war weg. „Jetzt haste die Schelle geliefert, die musste ersetze!“ waren seine weiteren Gedanken. Da aber sah er die grinsenden Gesichter der Skater am Fenster.

Laut schrie er los: „Das ist ein Anschlag auf eine Amtsperson!“

Braver Lück!

 

Aufgeschrieben und erzählt von Heinz und Edmund Hartmann

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